Ddr Oekonomie

Fragen zum Charakter der DDR-Ökonomie

Fragen von Uli für die nächste Runde:

Wie ernsthaft wurden in der DDR-Betriebs- und -Volkswirtschaft Kategorien der Warenproduktion angewandt?

Die Frage stellt sich • erstens angesichts der häufigen direkten politischen Eingriffe, die manche unmittelbare Logiken der warenproduktion immer wieder aushebelten, was zwar keine Besonderheit der östlichen Warenproduktion ist, aber von einigen als Beweis herangeführt wird, dass es sich um keine wirkliche Warenproduktion handelte; und • zweitens im Vergleich mit der Warenproduktion des westlichen Kapitalismus – Gemeinsamkeiten und Unterschiede wären zu klären.

Worin bestand der angeblich sozialistische Charakter der Warenproduktion in der DDR?

Worin sollte vor diesem Hintergrund der Behauptete Zusammenhang zwischen der ersten (sozialistischen) und zweiten (der eigentlich kommunistischen) Phase der kommunistischen Gesellschaft bestehen? „Um das Problem deutlich zu machen, wäre es sehr hilfreich, die Auseinandersetzungen der 60er Jahre um das NÖS, die Ulbrichtsche Auffassung vom Sozialismus als relativ eigenständige Gesellschaftsformation (im Hintergrund die westliche Konvergenztheorie, die sich meines Erachtens bestätigt hat) einzubeziehen.“

Notizen zur ersten Runde

Uli: „östlicher Kapitalismus“, „Staatskapitalismus“

(Uli 20030504)

„Entscheidend für meine Bestimmung dieses "Sozialismus" als (Staats-)Kapitalismus sind mindestens zwei Grundzüge, die sich beide auseinander ergeben, wobei die Wertform der Produktion den spezifisch bürgerlich-kapitalistischen Charakter der Produktionsweise bestimmt:
A) Wertproduktion (dem stimmen beide zu) als zentrale Form der Produktion
B) Nichtverfügung der unmittelbaren Produzenten über die PM und die produzierten Waren“ (Uli 20030504)

„Gegensatz Plan-Markt, Diktatur-Demokratie usw. [ist Unsinn]“

„A) Aufstieg und Niedergang der DDR ist (natürlich nicht nur) mit Marx' Kapitalismusanalyse bestens zu begreifen.“

„B) Die DDR (der östliche Kapitalismus überhaupt) ist an der der kapitalistischen Formation allgemeinen Unfähigkeit gescheitert, die postfordistische (und postkeynesianistische) Entwicklung auf eine zivilisationsfördernde Weise zu gestalten.“

„C) Dieser östliche Kapitalismus (mit seiner auf Wert gegründeten Produktionsweise) ist – in der globalen kapitalistischen Konkurrenz – als schwächerer Gegner genau daran eingegangen, woran der siegreiche westliche tödlich krankt: eben an dieser Unfähigkeit (siehe B).“

„D) Wer Wege aus dem Kapitalismus sucht, muss gerade Wege aus denjenigen Strukturen suchen, die den konkurrierenden östlichen und westlichen Systemen gemeinsam waren. Auf dieser Basis allerdings kann es auch sehr sinnvoll sein, die Differenzen zwischen beiden Gesellschaften in Bezug auf die Frage zu untersuchen, von welcher Relevanz sie für die Konstitution einer neuen nichtkapitalistischen Form der Vergesellschaftung sein können. Wer den Osten dagegen als Alternative (im Sinne eines anderen Systems) zum Westen ansieht (und umgekehrt), kann unmöglich die Aufhebung des Kapitalismus denken bzw. betreiben.“ (Uli 20030504)

Birgit: Kapitalismus sind nicht nur Erscheinungen von „Kategorien“ sondern ist „kapitale Selbstorganisation“

„Wie üblich fehlt die Rückkopplung von Kapital auf sich selbst, welche den ökonomischen Selbstzweck ja erst begründet. Scheint für Dich keine wesentliche Kategorie des Kapitalismus zu sein.“ (Birgit 20030504) … „Von kapitaler Selbstorganisation aber war nun wirklich weit und breit nichts zu erkennen.“ (Birgit 20030506)

„…bei Zuteilung der Ressourcen und garantierter Abnahme ohne Konkurrenz und angepasster Preispolitik“ kann es keine Marktwirtschaft geben. (Birgit 20030504) – „Und ohne Markt und selbständig agierende Einzelkapitale, kein[en] ökonomische[n] Selbstzweck des Kapitals. Weil: es fehlen die Agenten und der ökonomische Raum der Rückkopplung.“ (Birgit 20030506)

Auch Walter bestreitet, daß „die Wertform den … Charakter der Produktionsweise bestimmte“:

„1. Es gab keine freien Warenproduzenten, weder individuelle noch kollektive. Warenproduzenten entschließen sich selbständig, für den Absatz, also Waren, zu produzieren. Sie versuchen sich dabei nach der kaufkräftigen Nachfrage der anderen Warenproduzenten zu richten. Die "VEB" dagegen erhielten gesetzlich verbindliche Produktionsauflagen, die sie mengenmäßig unbedingt erfüllen sollten. Sogar die Bedürfnisse der Menschen, übersetzt in ihren Bedarf, also ihre "Nachfrage" nach Produkten und Dienstleistungen materieller und kultureller Art, wurden vorher politisch über ihre Köpfe hinweg festgelegt! …“ (Walter 20030505)

„2. Es gab keine freie Preisbildung nach Angebot und Nachfrage sowie nach Konkurrenzlagen, sondern gesetzlich vorgeschriebene Festpreise für Produktions- und Konsumtionsmittel, die vom Amt für Preise ausgegeben wurden. Sei es, daß die Betriebe sich bei diesem Amt ihre eigenen Preisvorschläge für ganz neue und daher noch nicht preiskodifizierte Produkte bestätigen lassen mußten, sei es – und das war vorherrschend – daß sie die staatlich fixierten – und statt nach ökonomischen nach gesellschafts- und sozialpolitischen Zuteilungs-Orientierungen festgelegten – Preise für gängige bzw. für mit gängigen vergleichbare Produkte übernehmen mußten: Das Wertgesetz "bestimmte" nicht, wie Du behauptest. Das Politbüro bestimmte. Und für das Politbüro war in der "sozialistischen Preispolitik" (Notabene! Es gab eine Preispolitik!) nicht das Wertgesetz, sondern einzig die Machtsicherung die alles entscheidende Orientierungsgröße! Später, in der zweiten Phase der NÖP, begann man immerhin, zumindest für Produktionsmittel "ökonomisch begründete" Festpreise ausarbeiten zu wollen, was aber nur sehr stockend voranging, obwohl diese Bemühungen auch nach dem Ende der NÖP noch fortgesetzt wurden. Doch auch diese ökonomisch kalkulierten Festpreise waren ja keine Warenpreise im eigentlichen Sinne, die sich erst auf dem Markt herausbilden können. (Das Wertgesetz bestimmte nur auf dem Schwarzmarkt der Bückwaren und der frei angebotenen und nachgefragten Schwarz-Arbeiten und -Dienstleistungen, sowie auf dem schwarzen Devisenmarkt!)“ (Walter 20030505)

„3. Das Geld: Wieviel Geldfunktionen funktionierten? Wieviel funktionierten frei? Frei keine einzige!“ (Walter 20030505)

„4. Es gab auch keine freien Lohnarbeiter, die als formell gleichberechtigte Verhandlungspartner beim Abschluß von Arbeitsverträgen agieren konnten und die sich dabei "nur" den ökonomischen Sachzwängen, also dem Verhältnis von Nachfrage und Angebot an Lohnarbeitskräften und der Konkurrenz zwischen ihnen beugen mußten. Die Tariflöhne- und -Gehälter waren staatlich festgelegt, die Arbeitsplätze auch. Die Ämter für Arbeit beschäftigten sich mit der staatlich dirigistischen Arbeitskräftelenkung, beginnend mit der oft etwas drakonischen Einweisung von Schulabsolventen in festgelegte Ausbildungsberufe. Noch drastischer das alles in der SU!“ (Walter 20030505)

Fazit:

„Wie könnte sich auf solchen Bedingungen (Staats-)Kapitalismus konstituieren? Und das Mehrwertgesetz? Muß es nicht das Bewegungsgesetz einer kapitalistischen Produktionsweise sein?“ (Walter 20030505)

Gegenargument: der Raum der Rückkopplung ist der Weltmarkt,

… und die DDR ist ein ganzer Agent wie jeder andere Marktakteur auch:

Stefan:

„Setze statt "DDR" Siemens und statt "Staat" Unternehmen…“ – „Willkürlichkeit, also "Verstoß" gegen die Verwertungslogik (mit bestem Wollen) nach innen und "Erfüllung" derselben nach außen.“ (Stefan 20030510)

Robert besteht auf einen Unterschied zwischen der DDR und Siemens:

„Unterscheidet sich dieses Unternehmen nicht von Siemens und Co dadurch, daß es die Unternehmensinteressen-bedingten sozialen, strukturellen und gesamtwirtschaftlichen Probleme eben nicht auf einen ihr externen Lumpensammler von Staat abschieben konnte? Mir scheint, daß bisher kein Siemens auf die Idee gekommen ist, sich [selbst] im Interesse der Verwertbarkeit der Gesamtarbeitskraft eines Wirtschaftsraumes um die Vollbeschäftigung zu kümmern…“ (Robert 20030512)

– Denn im Gegensatz zu Siemens war die DDR eine Gesellschaft.

Das Außen bestimmt den inneren Charakter der Wirtschaft (Gesellschaft)

Mathias erinnert an die Devisengeilheit der DDR-Bürger und ihre Folgen…

„…spätestens mit dem Eintreten und dem Handel auf dem Weltmarkt war dieser Staat den kapitalistischen Gegebenheiten ausgeliefert. Denn dort herrschte (und herrscht) zweifellos das Wertgesetz. Mir erscheint es aber unmöglich, dass sich ein Unternehmen nach außen hin auf dieses Wertgesetz einlassen muß und es aber nach innen nicht weiterträgt. Die Gesetze, die ihm von außen aufgeherrscht wurden, muß es über kurz oder lang auch nach innen weiterreichen. Es erscheint mir nicht möglich, das angeblich Innere, vom Wertgesetz befreite, vor dem Äußeren, das dem Wertgesetz ausgeliefert ist, zu schützen.“ (Mathias 20030509)

Aber auch dagegen kann Birgit den Einwand Bahros anführen:

„Trotz gelegentlicher Experimente ist in den Ländern des real exitstiernden Sozialismus nie um irgendeines Staats p r o f i t e s willen produziert worden. Es ging nie primär um Mehrwert, sondern um Mehrprodukt. Der Staatsplan schrieb primär Mengen von Gebrauchsgütern vor, und die Konkurrenz der Wirschaftsfunktionäre um den bürokratischen Aufstieg wurde in Produktionsstückzahlen und Tonnen ausgetragen…“ (Rudolph Bahro "Die Alternative – Zur Kritik des real existierenden Sozialismus", 1977) (Birgit 20030513)

Mathias: „die DDR ist … zweifellos … Pleite gegangen“

und daraus folgt eine kapitalistische Grundlage ihrer Wirtschaft:

Die „Wertverwertung konstituiert für alle daran teilnehmenden Unternehmen den Zwang, Gewinn zu machen oder aber, was das gleich ist, keinen Verlust zu machen. Wenn aber kein selbstreflexiver Wert vorhanden, dann auch kein Zwang zu Gewinn und damit aber auch keine Möglichkeit, pleite zu gehen. Was ich sagen will: Die Möglichkeit, daß jemand Pleite gehen kann, ist meiner Meinung nach nur in einer kapitalistisch verfaßten Gesellschaft möglich und die DDR ist ganz zweifellos auch Pleite gegangen.“ (Mathias 20030509)

Daß Pleite-Gehen Kapitalismus bedeutet, wird bezweifelt:

„Um Pleite zu gehen braucht man kein Wertgesetz sondern nur 1. die Möglichkeit, sich zu verschulden, 2. den Zwang, Schulden zurückzuzahlen. Beispielsweise ist die Entstehung der Schuldsklaverei für mich kein Indiz für das Herrschen des Wertgesetzes. Auch die "Pleite" des französischen Staates vor der Französischen Revolution bedeutet nicht, daß es sich schon um ein kapitalistischen System gehandelt hätte. Ritter und Adelige sind permanent verarmt und Pleite gegangen, ohne sich deswegen einer besonders kapitalistischen Wirtschaftweise rühmen gekonnt zu haben – sowohl im tiefsten Feudalismus als auch während der Zeit des Übergangs vom Feuda- zum Kapitalismus.“ (Robert 20030512)

Soziale Errungenschaften – Verstöße gegen das Wertgesetz

Mathias:

„Die Tatsache, dass es all diese sozialen Errungenschaften gab (…), sehe ich auch [– nur?] in dem Selbstverständnis der Leitenden verwurzelt. … Dass diese Dinge dem Wertgesetz gerade zuwider laufen, "dürfen" wir jeden Tag lernen. Und die haben es damals auch gelernt. Als nämlich das Wertgesetz mit aller Macht durchbrach und ihnen der ganze Laden um die Ohren flog.“ (Mathias 20030509)

Rolle von „kapitalistischen“ (?) Kategorien in der Selbsteinschätzung

am Beispiel der Frage der Rolle des Wertgesetzes.

Stefan stellt das eigene Verhältnis der DDR-Politiker und -Ökonomen zum Wertgesetz in den Vordergrund, indem er den Aufsatz "Die Rolle der Warenproduktion und des Wertgesetzes in der DDR" (Aus dem Referat des Genossen Fred Oelßner über die Bedeutung des Werkes J.W.Stalins "Oekonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR") von 1952 zitiert:

„Schon damals wird gefordert, dass die "Willkürlichkeit" nach innen zu Ende sein müsse – und auch mit dem gleichen Begriff wie kurz vor dem Ableben des RealSoz: ‚Die bewußte Ausnutzung des Wertgesetzes ist das wichtigste Mittel zur Durchführung des Prinzips der Wirtschaftlichen Rechnungsführung.‘ So ist es nur konsequent, ‚den Kampf (zu) führen gegen die opportunistische Theorie des Selbstlaufs, der Spontanität, die dem Wertgesetz freien Lauf lassen will, wie gegen die abenteuerliche Ideologie der Aufhebung, der Mißachtung der Gesetze.‘“ (Stefan 20030510)

Wolf bringt ein Zitat zur Notwendigkeit der Entfaltung des Finanzsystems von Prof. Dr. s. c. Eva Mueller, Ordentlicher Professor fuer sozialistische Volkswirtschaft an der Karl-Marx-Universitaet Leipzig (Konzeption und Bearbeitung des Gesamtmanuskripts). Unter anderem heißt es bei ihr:

„Die dynamischen Modelle der volkswirtschaftlichen Entwicklung, die die materiellen Proportionen ausweisen, muessen durch dynamische Modelle der Preis- und der finanziellen Entwicklung ergaenzt werden; nur dann kann der volkswirtschaftliche Reproduktionsprozess vollstaendig (gebrauchswertmaessig und wertmaesssig) erfasst und die Einheit der materiellen, der Preis- und der Finanzplaung gesichert werden.“ (Der volkswirtschaftliche Reproduktionsprozess und dynamische Modelle. Verlag Die Wirtschaft. Berlin 1972.)

Und er meint,

„… dass man diesem selbstzeugnis der DDR entnehmen kann, dass es trotz aller planung kapitalistisch zuging.“ (Wolf 20030512)

Außerdem zeige schon die Verwendung der Marxschen Analyse beim Entwurf von Entwicklungsmodellen für die „sozialistische“ Wirtschaft, daß es sich nicht um eine sozialistische, sondern nur um eine kapitalistische gehandelt haben könne:

„Im ersten zitat verweist der/die autorIn auf das kapital I, und zwar auf das sechste kapitel, das mit "Konstantes Kapital und variables Kapital" ueberschrieben ist. Der dort verwendete begriff "arbeitsprozess" ist im vorangehenden kapitel entwickelt: "Arbeitsprozess und Verwertungsprozess", Marx beschreibt beides als vorgaenge einer kapitalistischen welt!“ (Wolf 20030512)

Kann man aber die Worte der Ideologen direkt für bare Münze nehmen?

„Warum sollten die sozialistischen Volkswirte mehr von der sozialistischen Ökonomie begriffen haben, als gewisse Smiths, Ricardos ... Marshals usw. von der kaptitalistischen? Als Authoritätsbeweis sagen die "sozialistischen" Diskussionen um das Wertgesetz nicht besonders viel aus, scheint mir.“ (Robert 20030512)

Birgit konstatiert, daß es sich in dem Zitat nur um eine „wunschhaft beschworenen Eigenständigkeit der finanziellen Planung“ handelt (Birgit 20030513):

„Insbesondere der Terminus "dynamische Modelle" ist ein starker Hinweis auf den theoretischen Vorstellungscharakter des hier Ausgeführten.“ (Birgit 20030513)

Wolf erinnert an Marx' Warnung vor der Verewigung der Warenproduktion:

„Nun will ich statt weiteren kommentars Old Charly zitieren:

‚Danach beurteile man die Pfiffigkeit des kleinbürgerlichen Sozialismus, der die Warenproduktion verewigen und zugleich den 'Gegensatz von Geld und Ware', also das Geld selbst, denn es ist nur in diesem Gegensatze, abschaffen will. Ebensogut könnte man den Papst abschaffen und den Katholizismus bestehen lassen.‘ (Das Kapital I, MEW 23, Fussnote S. 102)“ (Wolf 20030512)

Gleichsetzung von „sozialistischer Planwirtschaft“ und Keynesianismus:

Wolf:

„Die planung in den sich einstens selbst sozialistisch nennenden laendern war aus meiner sicht eine der Keynesianischen varianten, "den gegensatz von ware und geld abzuschaffen" ("planmaessige Verteilung der Geldeinkommen", "Reproduktionsprozess vollstaendig (gebrauchswertmaessig und wertmaessig) erfassen", "Einheit der materiellen, der Preis- und Finanzplanung sichern"). Und sowenig man diesen gegensatz abschaffen konnte, so wenig wurde man die "paepste" los.“ (Wolf 20030512)

Robert hält dagegen:

„Beweisen die Bemühungen um die Anwendung bzw. Durchsetzung des Wertgesetzes seine Herrschaft? Oder beweisen sie nicht vielmehr das Gegenteil? Nämlich, daß man zwar ohne seine Anwendung noch nicht so richtig auskommen konnte, daß aber die Möglichkeit seiner Wirkung erst durch administrative Maßnahmen geschaffen und immer wieder geschaffen werden mußten? -- Ganz im Gegensatz zum Problem von Keynes, welcher nicht versucht hat, dem Wertgesetz Geltung zu verschaffen, sondern durch administrative Eingriffe dessen Euphorie einzuschränken und die damit verbundenen offensichtlichen Suizid-Tendenzen des Wertgesetzes durch Anreicherung um wirtschaftspolitische Komponenten umzulenken…“ (Robert 20030512)

Und auch Birgit widerspricht der Einordnung der DDR (usw.) in den Keynesianismus:

„Mit dem Keynesianismus kenne ich mich nicht besonders aus und da ich kein Ökonom bin, kann ich mich nur auf knappe Zusammenfassungen berufen. Wenn ich mir die anschaue, steht da nichts von Staatseigentum an Produktionsmitteln und produktionsorganisierenden Funktionen des Staates, aber viel von staatlichen Investitionsanreizen, öffentlichen Investitionen, Investitionslenkung und aktiver Wirtschaftspolitik. Das klingt alles nach Schaffung von Rahmenbedingungen für Einzelkapitale und nicht nach direkter Produktionsplanung und Verteilungsplanung von Mehrprodukt und Ressourcen. Ich kann es nicht lassen, darin einen Unterschied zu sehen, unabhängig davon, ob ich die Sache nun nicht-kapitalistisch, proto-sozialistisch, realsoz. oder despotisch oder sonstwie nennen würde.“ (Birgit 20030513)

Rolle von Wertform, Warenform, Geldform, Kapitalform

Und Wolf zitiert weiter Marx:

„Die Wertform des Arbeitsprodukts ist die abstrakteste, aber auch allgemeinste Form der buergerlichen Produktionsweise, die hierdurch als eine besondere Art gesellschaftlicher Produktion und damit zugleich historisch charakterisiert wird. Versieht man sie daher fuer die ewige Naturform gesellschaftlicher Produktion, so uebersieht man notwendig auch das Spezifische der Wertform, also der Warenform, weiter entwickelt der Geldform, der Kapitalform usw. Man findet daher bei Oekonomen, welche ueber das Mass der Wertgroesse durch Arbeitszeit uebereinstimmen, die kunterbuntesten und widersprechendsten Vorstellungen von Geld, d. h. der fertigen Gestalt des allgemeinen Aeqiuvalents.“ (Kapital I, MEW 23, s. 95, fussnote 23)

… um dann zu konstatieren:

„Wenn man dann noch Stalins Heftchen von 1952 ueber die oekonomie in der UdSSR hernimmt, sollte das beschaemende ergebnis klar sein: Es war, bei allem guten willen, den ich unterstellen will, "nur" kapitalismus.

Wobei es damals, das will ich hinzufuegen, kaum besser gehen konnte. Denn, wie wird man die warenproduktion los, ohne wieder nackend durch die savanne streifen zu muessen? Oder, praktisch und moderner: Wie kommt man zu ner tasse kaffee, wenn es nichts mehr zu kaufen gibt? Wir tun uns heute mit einer antwort immer noch schwer, damals duerfte sie nicht leichter gefallen sein!“ (Wolf 20030512)

Walter trifft hingegen eine andere Einordnung der DDR-Gesellschaft (Antwort an Uli):

„Meiner Kenntnis und Erfahrung nach ist die DDR nicht erst an dem Unvermögen gescheitert, die postfordistische Entwicklung zivilisationsfördernd zu gestalten. Dazu ist es ja überhaupt nicht mehr gekommen. Denn die DDR ist schließlich und endlich bereits v o r der Schwelle des Übergangs zum "Postfordismus" an ihrer Insuffizienz zusammengebrochen. Sie ist an der komplexen Unfähigkeit ihres Wirtschaftssystems gescheitert, schon einen Übergang zu einer postfordistischen Entwicklung auch nur einzuleiten. Diese Wirtschaftsweise war vollkommen ungeeignet für jeglichen Postfordismus.“ (Walter 20030505)

Und Birgit zitiert Bahro:

„Auf den Sozialismus als Ganzen bezogen, wie er hier konzipiert wurde, bedeutet "Staatskapitalismus" nichts als staatliche Verfügung über alle gesellschaftlichen Fonds und Produkte, die ihres eigentlichen K a p i t a l c h a r a k t e r s durch die Revolution (hier ist die russische gemeint – Anm. von Birgit) e n t k l e i d e t wurden. … So ungewohnt es auf den ersten Blick scheinen mag: die Ausbeutung ist bei uns ein politisches Phänomen, ein Phänomen der politischen Machtverteilung.“ (Rudolph Bahro "Die Alternative – Zur Kritik des real existierenden Sozialismus", 1977) (Birgit 20030513)

Und das wäre ein gravierender Unterschied zur kapitalistischen Gesellschaft, wo die Ausbeutung in erster Linie eine ökonomische Erscheinung ist…

Robert stellt nocheinmal direkt die Frage:

„Bedeutet Waren- und Geldwirtschaft wirklich immer gleich Kapitalismus?“ (Robert 20030512)

– in Anspielung auf den Unterschied zwischen logischer und historischer Analyse und darauf, daß es sowohl Geld als auch Warenproduktion lange vor dem Kapitalismus gegeben hat. – Warum also nicht auch danach?

Wieviel Warenwirtschaft war das denn da?

Eine relativ ausführliche Erörterung von Walter

  

Literatur

Auslöser der Diskussion waren:

Notizen am Rande

... zum WertGesetz Def. im Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus (1967)